Sigrid Früh / Wolfgang Schultze: Pferde-Märchen
Obwohl sich Tiermärchen schon immer großer Beliebtheit erfreuten, standen Pferdemärchen unverständlicherweise bisher kaum im Mittelpunkt des publizistischen Interesses. Ja selbst innerhalb der Tiermärchensammlungen muss man sie aufmerksam herausfiltern, wenn man denn überhaupt das eine oder andere findet. Umso erfreulicher ist es, dass 2002 bereits bei Knaur ein Pferdemärchenbuch erschien, 2005 legte Urachaus nach und 2006 schlossen sich der Verlag deutex und der für Märchen berühmte Verlag Königsfurt an. Dort ist es keine geringere als Sigrid Früh, die sich dieses Themas annimmt.
In der Reihe Königsfurter Märchenschätze liegt nun neben einem Katzenmärchenbuch auch ein 190 Seiten starkes Pferdemärchenbuch vor. Es versammelt Pferdemärchen aus aller Welt. Einige dieser Märchen stehen noch in enger Verbindung zu den Mythen wie das isländische Märchen vom Pferd Gullfaxi, zu Epen wie dem Märchen über den Schimmel von König Artus oder zu Sagen wie das Märchen vom Wunderross Friedrich von Zollerns. Geordnet sind diese Märchen allerdings nicht nach Entstehungsgeschichte oder Gattungsmerkmalen, sondern wie oft in dieser Reihe nach der Funktion des Pferde-Motivs. Da gibt es die hilfreichen Pferde, die ihren Besitzern gute Ratschläge erteilen; die dämonischen Pferde, die den Menschen das Leben schwer machen oder Pferde, die eigentlich gar keine sind, weil jemand in ein Pferd verwandelt wurde. Die Herausgeber Sigrid Früh und Wolfgang Schultze verweisen im Quellverzeichnis auf teilweise sehr alte Vorlagen und bieten ihre Erzählkunst scheinbar auch in Nähe dieser Vorlagen dar. Übergangen wurden bei dieser Auswahl die Alltags- oder Schelmenmärchen oder Märchen, die in die Nähe der Fabeln rücken. In ihren Märchen präsentieren die Herausgeber sowohl bekannte Pferdemärchenmotive wie das des hölzernen Pferdes oder das Märchen von der Gänsemagd, aber auch unbekannte Pferdemärchen. Glücklicherweise werden Märchenbücher kaum nach ihrem Nachwort beurteilt, das trotz der bunten Märchensammlung leider sehr karg ausfällt und im wesentlichen nur die Gliederung des Buches nachvollzieht, durch weitere Beispiele ergänzt und Motive kurz antippt. Für die tragende und vielfältige Rolle des Pferdes im Märchen ist das leider etwas wenig und hätte man vor dem professionellen Hintergrund der Herausgeber mehr erwarten dürfen.