Sally Nicholls: Wie man unsterblich wird: Jede Minute zählt
Sich mit dem Tod, dem Sterben oder eben der Unsterblichkeit zu beschäftigen, ist nicht gerade typisch für 11-Jährige. Allerdings haben Sam, der Ich-Erzähler des Buches, und sein Freund Felix dafür einen Grund: Sie haben Leukämie. Sie haben einander auf der Kinderkrebsstation kennen gelernt und werden seit ihrer Entlassung gemeinsam von der Hauslehrerin Mrs. Willis unterrichtet. Auf ihre Anregung hin beginnt Sam sich Wunschlisten und Listen mit Fragen, die keiner beantwortet, anzulegen und schließlich auch ein Buch über sein Leben zu schreiben. Während Sam versucht, seine Wünsche und Fragen realistisch einzustufen, ermutigt ihn Felix, auch das scheinbar Unmögliche zu verwirklichen, um das Leben voll auszukosten, so zum Beispiel einen Weltrekord für eine Schrankdisko aufzustellen, ein Gespenst zu sehen, mit einem Luftschiff zu fahren oder Teenager zu werden u.v.m. Völlig unerwartet aber kommt gerade Felix ins Krankenhaus und stirbt. Alle aus Sams Familie fragen sich, wie es mit Sam weitergehen wird. Sam klaubt alle Kraft zusammen und stellt sich Felix’ Tod und findet gerade dadurch die Kraft, auch ohne seinen Freund scheinbar Unmögliches zu unternehmen bis die Krankheit auch ihn besiegt.
Sally Nicholls hat ein sehr einfühlsames Buch geschrieben, das mehr vom Leben als vom Tod erzählt, obwohl es auf letzteren hin zuläuft. Ohne pädagogisch zu wirken, zeigt sie wie wichtig Familie, Freundschaft und fantastische Ziele gerade für todkranke Kinder sind und wie viel Spaß ihnen daraus erwachsen kann. Sie greift das relativ moderne Listen-Erstellen auf und bindet es poetisch in ihre Erzählhandlung ein. Vor allem am Ende des Buches ersetzt ein Fragebogen, den die Eltern von Sam beantworten, was Sam selbst nicht mehr erzählen kann. Der einzige Wermutstropfen des Buches besteht darin, dass sich die Handlung weniger aus sich selbst heraus entwickelt, sondern eher durch die Listen angestoßen wird. Sams „Fragen, die keiner beantwortet“ regen gerade auch Erwachsene an, sich den Problemen todkranker Kinder auch philosophisch zu stellen.
„Du schreibst doch nicht so ein tränenreiches Buch mit lauter Geschichten und Bildern von Regenbögen, oder?“, forscht Sams Vater verunsichert nach, als er sieht, wie emsig Sam schreibt. Das ist es gerade, wovon sich Sally Nicholls Buch erfrischend absetzt!
„Wie man unsterblich wird – Jede Minute zählt“ ist 2008 im Hanser-Verlag erschienen.