Jugendbuch

Joyce Carol Oates: Sexy

Im Mittelpunkt des Romans steht der 16jährige Darren, der die North Falls High School besucht. Anders als seine Klassenkameraden stammt er nicht aus einer wohlhabenden Familie. Doch Darren ist beliebt. Durch seine Anstrengungen im Schwimmtraining erringt er, dem das Lernen schwer fällt, die Achtung von Mitschülern und Lehrern. Darrens Gedanken kreisen aber nicht nur um die Schule, sondern vor allem verwirren ihn die Hormone, die ihn umtreiben. Außerdem nähert sich ihm einer der jüngeren Lehrer seiner Schule, Mr. Tracy. Darren, der schon nicht weiß, wie er mit sich selbst umgehen soll, weiß umso weniger, wie er die Andeutungen seines Lehrers verstehen soll.

Joyce Carol Oates fühlt sich meisterhaft in die emotionale Welt ihrer jugendlichen Helden ein. Aus scheinbaren Belanglosigkeiten entwickelt sie einen mehr und mehr beklemmenden Hintergrund, der auch den erwachsenen Leser nicht mehr loslässt. Ein für Joyce Carol Oates wesentliches Element dieses Hintergrunds ist die Kritik an der Doppelmoral des amerikanischen Establishments. Darrens wohlbehütete Mitschüler treiben Mr. Tracy mit ungerechtfertigten Anschuldigungen in den Tod. Darren selbst hatte damit nichts zu tun haben wollen, doch nach Tracys Tod stellt sich ihm die Frage, ob er seine Kameraden nicht hätte verraten müssen. Doch als Darren schließlich den Mut hat zu sprechen, möchte der Direktor nichts davon hören. Oates erzählt zügig und vor allem ohne zu werten. In einem Interview sagt sie: „Ich frage mich, ob Leser finden, dass Darren das Richtige getan hat oder einfach nur das Naheliegende. Sollte man andere darüber informieren, wenn sich Freunde oder Schulkameraden grausam verhalten….oder sollte man versuchen, nicht in die Sache verwickelt zu werden?“ Die meisterhafte Aufdeckung solcher Ambivalenzen lässt das Buch zu weit mehr werden als nur zu einem „Jugendbuch“.

Joyce Carol Oates begibt sich in bekannte und durch den Leser gut angenommene Sujets. Wie auch schon in „Mit offenen Augen“ bildet der Leistungssport den Hintergrund für ihr Erzählen. In „Sexy“ kommt der Tod eines Lehrers noch hinzu. In diesen Räumen muss Darren seinen Weg bestimmen. Am Ende des Buches wirkt er reifer, doch hat er dafür auch einen Preis gezahlt und längst nicht alle Hürden gemeistert wie man an der Party sieht, zu der ihn eine attraktive Studentin einlädt.

So wie „Mit offenen Augen“ ist auch „Sexy“ im Hanser-Verlag erschienen.