Jacques Couvillon: Chickendance
Zunächst mal wird betont, dass „Chickendance“, das Debüt von Jacques Couvillon, ein skurriler Roman ist, der über einen 12-jährigen aus Horse Island berichtet, einem öden Nest in Louisiana, wo Hühnerkompetenz der Schlüssel zum Lebenserfolg ist. Das liegt daran, dass bisher jeder das ungeschriebene Gesetz einhält, das Ende eines Buches nicht zu verraten. Dieses Gesetz ist umso notwendiger, wenn der Plot so unerwartet gebaut ist, dass der Leser von einer Überraschung in die nächste trudelt.
Dies ist also mehr als nur die Geschichte über einen Jungen aus der amerikanischen Provinz. Es ist eine Geschichte über die Suche nach familiärer Geborgenheit und Anerkennung. Sie beginnt wie eine traditionelle Aschenputtelgeschichte. Der 12jährige Don wird von Klassenkameraden immer noch „Neuer“ genannt, obwohl sie ihn aus dem Kindergarten kennen und noch ungewöhnlicher ist, dass sich seine Eltern, die er nicht Mom und Dad, sondern Mutter und Vater nennen soll, um ihn nicht zu kümmern scheinen. Dann aber gewinnt er den Hühner-Wissens-Wettbewerb und wird zum Liebling aller. Bliebe es dabei, wäre es nicht mehr als die moderne kitschige Märchenadaption vom Aschenputtel.
Mit den veränderten Beziehungen aber stößt Don auf Hinweise darauf, dass seine Mutter und sein Vater ein Geheimnis vor ihm verbergen. Es muss etwas mit seiner Schwester Dawn zu tun haben, die vor seiner Geburt verstorben sein soll. Gemeinsam mit seinem neuen Freund Leon will Don mehr über Dawn herausfinden. Das Ergebnis seiner Suche erfordert Entscheidungen von ihm, die kaum ein Junge vor ihm hat treffen müssen.
„Chickendance“ ist ein moderner Familienroman, der die Melancholie großer Erzähler und den Witz amerikanischer Seifenopern vereinen kann und den man gerade im letzten Viertel kaum aus der Hand legen wird, weil man weiß, der Autor ist dort, wo andere eine Geschichte beenden, bereit immer wieder eine neue zu beginnen.
„Chickendance“ von Jacques Couvillon ist im Bloomsbury Kinder- und Jugendbuchprogramm 2011 erschienen.