Andreas Steinhöfel: Der mechanische Prinz
Was soll man von einem Buch halten, dessen Klappentext verspricht, es könne Herzen retten?! – Ich bin da zunächst einmal skeptisch. Das fiel mir auch nicht schwer, denn ich gehörte bis vor wenigen Tagen noch nicht dem Steinhöfel-Fanclub an. Seine „Mitte des Lebens“ war irgendwie an mir vorbeigegangen, die Kinderweihnachtsgeschichte hatte mich nicht vom Hocker gerissen und der Briefroman der Berliner Teenis … naja, schweigen wir. „Der mechanische Prinz“ (Carlsen-Verlag 2003, 16 EURO) gelangte also mehr auf zufällig-magischem Weg in meine Hände. Er ist mein Insider-Tipp für mindestens das nächste Jahrzehnt!
Im Mittelpunkt steht Max, der unter den Streitereien seiner Eltern leidet. Als er wieder einmal von zu Hause flüchtet, vergisst er seine Monatskarte für die Verkehrsmittel. An der U-Bahn bekommt er von einem Bettler ein Ticket, das ihn vor allem berechtigt, überall auszusteigen, wo er mag. Wenn das nicht schon merkwürdig ist, so sind es die „Refugien“, in die Max mit dem Ticket geführt wird. Orte seiner Albträume und Hoffnungen, die einzig auf das Ziel hinauslaufen, dass er den Kampf um sein eigenes Herz gewinnt. Max, der meint, er sei seinen Eltern egal, nimmt den Kampf dagegen auf, dass er nicht selbst zu jemandem wird, dem alles und alle egal sind.
Poetische Szenarien stehen in direktem Kontrast mit dem sozialen Milieu eines großen Teil unserer Gesellschaft und machen deutlich, wie hart der Kampf ums Mensch-Sein geworden ist. Und ohne dass der Kampf vor der letzten Seite entschieden wird, spricht aus jeder Zeile die Zuversicht des Autors, dass das Ringen auch unter ungünstigen Entwicklungsbedingungen gewonnen werden kann.
Steinhöfel entwirft ein fantastischen Szenario ohne Furcht vor gebrauchten Bildern. Er mischt es souverän mit originellen Metaphern und unterbricht Max’ Jagd nach seinem Herzen geschickt mit einer selbstironischen Rahmenhandlung.