Belletristik

Paulo Coelho: Die Schriften von Accra

Aus Paulo Coelhos neustem Buch, „Die Schriften von Accra“ könnte man – wie aus vielen seiner Vorgänger – seitenweise Lebensweisheiten zitieren. Er baut sie in eine dramatische Rahmenhandlung ein. Im Juli 1099 soll Jerusalem von den Kreuzrittern angegriffen und eingenommen werden. Bürger aller Religionen versammeln sich um einen lange bei ihnen lebenden Kopten und befragen ihn nach dem, was bleiben wird. Zu allem nimmt der Kopte nach reiflicher Überlegung sehr komplex Stellung. Aber innerhalb seiner zusammenhängenden Schilderungen fallen doch auch einzelne Bilder auf wie:

„Gleichgültig wie du dich fühlst, stehe jeden Morgen auf, und schicke dich an, dein Licht anzuzünden.

Diejenigen, die nicht blind sind, werden dein Strahlen sehen und davon bezaubert sein.“

„Wenn wir fröhlich und glücklich sind, sind wir auf dem richtigen Weg.“

„Wahrer Erfolg bedeutet, sein Leben zu bereichern und nicht seine Schatzkiste zu füllen.“

Im Aufbau – und teilweise auch Sprachgestus – erinnern „Die Schriften von Accra“ an Kahil Gibrans „Der Prophet“. Wer neben diesem Buch Ähnliches gelten lassen will, wird sich über Paulo Coelho freuen. Bei ihm spricht der Kopte, der ausdrücklich keiner Religion angehören will, z.B. über Niederlagen und Erfolge, die Schönheit, den Wunsch, gebraucht zu werden, den Wunsch und die Angst vor Veränderungen, Freundschaft, Liebe und Feindschaft u.v.m. Am Ende lässt der Kopte aber noch – ähnlich der Ringparabel Lessings – die Vertreter der einzelnen Religionen zu Wort kommen. Sie scheinen seinen offenen Ausführungen nichts hinzuzusetzen zu haben und bauen darauf, dass selbst bei der bevorstehenden Niederlage Jerusalems wahres Sein sich in der Welt verbreiten wird.

Wie auch seine anderen Bücher ist „Die Schriften von Accra“ bei Diogenes erschienen und überall im Buchhandel erhältlich.