Sebastian Fitzek: Der Augensammler
Ein Krimi wie eine 500 Gramm Packung Haägen Dazs Erdbeer, man fängt an und kann nicht eher aufhören, bis der Becher leer bzw. die letzte Seite verschlungen ist. Über 442 Seiten hinweg nimmt einen die Geschichte von Alexander Zorbach gefangen, teilweise in den im Buch fast spürbar nachvollziehbaren Schwitzkasten, und erst nach geraumer Zeit stellt man erstaunt fest, dass nicht nur die Geschichte rückwärts erzählt wird, sondern auch die Seiten rückwärts nummeriert sind.
Fitzek erweckt Figuren zum Leben, von denen man glauben mag, ihnen irgendwo und irgendwann schon einmal begegnet zu sein. Er lässt den Leser in die Abgründe der menschlichen Psyche blicken, lässt ihn atemlos mit ansehen, wie das von einem irren Psychopathen erbarmungslos festgelegte Ultimatum von 45 Stunden und 7 Minuten, nach dessen Ablauf 2 entführte Kinder sterben werden, abläuft. Jäger werden plötzlich zu Gejagten, aus gut wird böse, man weiß plötzlich nicht mehr, wem man in dieser Geschichte noch glauben kann. Fitzek gibt dem Leser das Gefühl, irgendwann etwas Wesentliches übersehen zu haben, was einen auf die Spur des Wahnsinnigen führt, man ahnt, dass der Wahnsinn in der Maske des Normalen auftritt. Man fiebert einem guten Ende der Geschichte entgegen, wie im Märchen „und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.“ Man kann das Buch einfach nicht wieder aus der Hand legen ohne eine Antwort auf die Frage nach dem Warum zu erhalten. Und wenn man dann, völlig erschöpft von einer durchlesenen Nacht, diese Antwort bekommen hat, geht das Grauen von neuem los und lässt einen als hilflosen Leser einfach zurück, ohne Aussicht auf Erlösung.
Da hilft nur eins, Herr Fitzek muss so schnell wie möglich einen neuen Krimi aus seiner spannungsgeladenen Feder fließen lassen.