Carolin Philipps: Träume wohnen überall
Die 14jährige Sandale lebt in Bukarest auf der Straße. Obwohl ihre Mutter sie zurückgelassen hat und sie ihren Vater nicht kennt, hasst Sandale ihre Eltern nicht und kennt keine größere Sehnsucht, als sie wiederzufinden oder selbst eine Familie zu gründen. Das wird ihr immer wieder bewust, wenn sie für mehrere Tage die Sozialstation Concordia besucht, die so etwas wie eine Familie für sie ist. Sandale liebt den 19jährigen Lucian, der aber bereits so lange auf der Straße ist, dass er drogenabhängig, gewaltättig gegen sie und kriminell ist. Doch Lucian ist der Freund, den sie am längsten kennt.
Im Sommer kommt Martin aus Österreich zum Praktikum ins Sozialprojekt. Er ist verbittert, denn sein Vater hat eine neue Freundin und wird die Familie verlassen. Martin hasst seinen Vater dafür.
Einen größeren Gegensatz als Sandale und Martin kann man sich kaum vorstellen. Hinzu kommt, dass Sandale am Bahnhof ausgerechnet Martins Rucksack klauen muss, um Lucian Drogen zu kaufen.
Trotzdem lassen sowohl Martin als auch Sandale einander an ihren unterschiedlichen Welten teilhaben. Der verwöhnte Österreicher kann von Sandale lernen, der Familie zu verzeihen; das Straßenkind hat Gelegenheit, über eine Zukunft innerhalb der Gesellschaft nachzudenken. Ob beiden ein Neuanfang gelingt, bleibt offen.
Carolin Philipps setzt sich immer wieder mit Problemen Jugendlicher auseinander. In Bücher über Rassismus, Analphabetismus oder Homosexualität wirbt sie für mehr Toleranz. Dass sie so auch auf Pater Georg Sporschills Concordia-Projekt aufmerksam gemacht wurde, war also wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit. Zwei Wochen lang durfte die Autorin das Leben auf einer Sozialstation miterleben, um für ihr Buch zu recherchieren. Entstanden ist ein sachliches Jugendbuch, das westeuropäischen Jugendlichen zeigt, wie Kinder anderswo großwerden müssen. Dem sozialpädagogisch erfahrenen Leser werden manche Dialoge und Entwicklungen zu idealistisch verdichtet und die Einführung vor Sandales Bekanntschaft mit Martin zu gestreckt erscheinen. Weltoffene und tolerante Jugendliche finden aber eine Anregung mehr für soziales Engagement.